7. Doch bevor es richtig los geht, erst mal eine Endometriumbiopsie

Genau, da war ja noch was. Mit IVF hatten wir uns ja nur angefangen zu beschäftigen, weil bei mir ein Gendefekt festgestellt wurde: HNPCC, auch Lynch-Syndrom genannt (siehe Blogpost „1. HNPCC what? – Wenn Krebs plötzlich mehr als unwahrscheinlich ist“). Bei mir besteht demnach ein stark erhöhtes Risiko für Darmkrebs und andere Krebsarten und ich muss jedes Jahr eine ganze Reihe an Vorsorgeuntersuchungen über mich ergehen lassen (siehe Blogpost „2. Mein neues Hobby: Krebsvorsorgeuntersuchungen).

Ich hatte alle Krebsvorsorgeuntersuchungen erfolgreich hinter mich gebracht. Bis auf die Endometriumbiopsie. Das Endometrium ist die Gebärmutterschleimhaut. Es geht also darum, mehrere kleine Proben aus der Gebärmutterschleimhaut zu entnehmen, die dann auf Krebszellen getestet werden können. Es gibt tatsächlich keinen anderen Weg, um Gebärmutterschleimhautkrebs frühzeitig zu erkennen. Im Ultraschall können zwar Veränderungen erkannt werden, das muss aber nicht immer der Fall sein und wenn ist der Krebs dann oft schon weit fortgeschritten.

Auch die Entnahme mehrere Biopsien gibt keine Garantie, Gebärmutterschleimhautkrebs wirklich zu entdecken, da theoretisch die Proben ja an Stellen entnommen werden könnten, wo kein Krebsgewebe ist. Um wirklich sicher zu gehen, müsste man die komplette Gebärmutterschleimhaut ausschaben und untersuchen, was nur mit einer sog. Abrasio oder Kürettage unter Vollnarkose möglich ist.

Eine Endometriumbiopsie kann ambulant durchgeführt werden. Es gibt spezialisierte gynäkologische Zentren an diversen Kliniken überall in Deutschland. Hier gibt es eine ganz gute, wenn auch wahrscheinlich nich ganz aktuelle, Übersicht.

Ich habe mich entschieden die Untersuchung in der Berliner Charité machen zu lassen. Wahrscheinlich nicht die beste Entscheidung, wie sich später herausstellen sollte…

Schon der Vorbesprechungstermin war eine kleine Katastrophe. Trotz festen Termins musste ich insgesamt fast 4 Stunden warten. Völlig normal, wie mir andere, wiederkehrende Patienten im Warteraum versicherten. Die Assistenzärztin, die mich dann untersucht hat, hatte leider noch nie von HNPCC gehört. Ansonsten hielt sie sich mit ausführlichen Erklärungen zurück und sagte nur, dass die Endometriumbiopsie im Rahmen einer Hysteroskopie (also Gebärmutterspiegelung) und unter Vollnarkose gemacht werden müsse und ich mir einen OP-Termin geben lassen sollte.

Der OP-Termin war dann 5 Wochen später angesetzt. Am Tag davor musste ich zur Vorbereitung bereits in der Charité vorbeischauen. Bei der Anmeldung gab es etliche Formulare auszufüllen und dann hatte ich noch einen Termin mit einer Narkoseärztin. Insgesamt wieder 3 Stunden im Krankenhaus verbracht.

Am Tag darauf wurde es dann Ernst. Um 8:30 Uhr musste ich da sein. Nach der Anmeldung, die ausnahmsweise recht schnell ging, sollte ich dann, begleitet von meinem Mann, in einem Wartezimmer Platz nehmen, bis ich zur OP-Vorbereitung abgeholt werden würde. Und da saßen wird dann und warteten und warteten und warteten. Auf Nachfrage hin wurde uns gesagt, dass ein Notfall vorgezogen werden musste. So etwas kann in einem Krankenhaus natürlich passieren und dafür hat man ja auch Verständnis. Allerdings ging es mir an dem Tag richtig schlecht (Grippe o.ä.), so dass mir das Warten ziemlich schwer viel. Um die Mittagszeit herum wurde mir dann angeboten, dass ich schon einmal zur Station gehen und mir ein Bett zuweisen lassen könnte, um mich etwas auszuruhen. Gesagt, getan.

Man beachte auch, dass ich ja wegen der Vollnarkose komplett nüchtern sein musste und dementsprechend seit dem Abend davor weder gegessen noch getrunken hatte. Netterweise wurde mir auf der Station dann auch schon ein venöser Zugang gelegt und ich bekam etwas Kochsalzlösung. Ich hatte glücklicherweise ein Bett in einem Einzelzimmer und habe dort dann den Rest des Nachmittags verpennt. Bis mir dann um 16:30 Uhr gesagt wurde, dass die OP dann jetzt heute doch nicht stattfinden könne, weil zu viele Notfälle dazwischen gekommen seien und es keine Kapazitäten mehr gäbe. Ich wurde also wieder nach Hause geschickt und sollte am nächsten Tag anrufen, um mir einen neuen Termin geben zu lassen.

WTF!? Ich hatte also einen kompletten Tag verschwendet. Würde ich jetzt wieder 5 Wochen auf einen OP-Termin warten müssen? Und woher sollte ich wissen, dass es beim nächsten Mal nicht wieder so sein würde?

Ich hatte die Telefonnummer der Oberärztin bekommen, die für die OP-Planung zuständig war. Sie rief ich also am nächsten Tag an. Zu meiner Überraschung fragte sie mich, warum ich den Eingriff überhaupt unter Vollnarkose durchführen lassen wollte. „Äh, weil die Assistenzärztin im Vorbesprechungstermin mir das so gesagt hat?“ Die Oberärztin meinte, dass ich das auch ambulant durchführen könne, da es nur ein kurzer, schmerzfreier Eingriff sei. Das war mir natürlich lieber. Und so vereinbarten wir einen ambulanten Termin für die Woche drauf und ich ärgerte mich noch mal etwas mehr, dass ich den Tag davor überflüssigerweise im Krankenhaus verbracht hatte.

Nun ja. Eine Woche später fuhr ich dann wieder in die Charité. Dieses Mal ohne Begleitung, da der ambulante Eingriff ja ganz kurz und schmerzlos werden sollte. Nach der nun schon gewohnten langen Wartezeit, wurde ich dann in das Behandlungszimmer gerufen, wo ich mich auf einen gynäkologischen Stuhl setzen durfte. Nachdem die Ärztin mir noch mal versicherte, dass es schnell gehen würde (max. 10 Minuten) und vielleicht ein bisschen zwicken oder sich so anfühlen könnte, wie leichte Regelschmerzen, nahm sie mit einem Spray eine Lokalbetäubung des äußeren Muttermundes vor. Als ich dann die langen, ca. 5mm dicken Instrumente sah, wurde mir doch etwas mulmig.  An einem war vorne eine kleine Zange, mit der die Proben aus der Gebärmutterschleimhaut abgezwickt werden sollten.

An das was dann folgte, kann ich mich nur noch ungenau erinnern. Statt 10 Minuten, lag ich ca. 30 Minuten auf dem Stuhl und hatte die schlimmsten Schmerzen meines Lebens. Mir kommen jetzt beinahe noch die Tränen, wenn ich daran denke. Anscheinend ist meine Gebärmutter etwas abgeknickt, weshalb die Ärztin die Instrumente nicht so einfach einführen konnte und immer wieder probierte mit den starren Dingern in meine Gebärmutter zu stoßen. Während der gesamten Prozedur sind mir die Tränen nur so aus den Augen gespritzt und ich habe mich in die Armlehnen des Stuhles gekrallt. Die Arzthelferin hatte ziemliches Mitleid mit mir und legte mir mehrmals einen kalten Waschlappen auf die Stirn. Irgendwann war es dann vorbei und die Ärztin hatte ausreichend Gewebeproben entnommen.

Zum Abschluss meinte die Ärztin dann, dass ich diesen Eingriff dann beim nächsten Mal doch besser mit Vollnarkose machen sollte. Das hätte sie mir so nicht sagen müssen. Ein weiteres Mal würde ich das sicher nicht über mich ergehen lassen.

Auf wackeligen Beinen, zitternd und mit starken Unterleibsschmerzen verließ ich dann den Ort des Schreckens. Nachdem ich an der frischen Luft ein paar Mal tief durchgeatmet hatte, rief ich sofort meinen Mann und dann meine Mutter an, denen ich dann unter Tränen von dieser Horrorerfahrung berichtete.

Mein persönliches Fazit:

  1. Die Charité mag sicher ein anerkanntes und fachlich gutes Krankenhaus sein. In Bezug auf Patientenservice (Wartezeiten, etc.) ist sie allerdings eine Katastrophe. Wenn es sich vermeiden lässt, werde ich nicht noch einmal dort hingehen.
  2. Im Rahmen der HNPCC Vorsorge wird bei der Endometriumbiopsie oft die Pipelle-Methode empfohlen. Dabei werden mit einem dünnen Plastikröhrchen Teile der Gebärmutterschleimhaut abgesaugt. Das klingt deutlich weniger schmerzhaft und erfordert keine Vollnarkose. Darüber werde ich probieren noch etwas mehr zu erfahren, da das ja eine gute Möglichkeit sein könnte, die jährliche Vollnarkose für die Hysteroskopie zu umgehen.
  3. So bald wir mit unserer Kinderplanung durch sind, werde ich ernsthaft in Betracht ziehen, mir Gebärmutter und Eierstöcke entfernen zu lassen. Dann kann ich mir diesen ganzen Aufwand nämlich auch komplett sparen und habe zumindest das Risiko für Gebärmutter- und Eierstockkrebs so gut wie eliminiert.

 

2. Mein neues Hobby: Krebsvorsorgeuntersuchungen

Von meiner Humangenetikerin wurde ich bereits darüber aufgeklärt, welches Risiko bei Lynch-Syndrom für welche Krebsarten besteht. Trotzdem habe ich zusammen mit meiner Mutter und meiner Tante, die auch mit Lynch-Syndrom diagnostiziert wurden, noch einen Termin in der HNPCC-Sprechstunde an der Uniklinik Heidelberg gemacht.

Die Uniklinik Heidelberg ist eines von sechs Darmkrebszentren in Deutschland, das von der Deutschen Krebshilfe, im Rahmen des Verbundprojektes „Familiärer Darmkrebs“, gefördert wird. Dabei arbeiten Humangenetiker, Internisten, Chirurgen und Pathologen eng zusammen, mit dem Ziel Standards für eine optimale Betreuung von Patienten mit HNPCC und deren Familien zu erarbeiten.

Natürlich hatten wir bereits vorher im Internet selbst viel zum Thema Lynch-Syndrom recherchiert. Allerdings wollten wir noch einmal eine ganzheitliche Beratung zu den notwendigen Vorsorgemaßnahmen von Ärzten, die sich speziell mit HNPCC beschäftigen und die neuesten Erkenntnisse dazu haben.

Das Gespräch in Heidelberg war dann auch sehr hilfreich. Frau Dr. Tariverdian hat sich viel Zeit für uns genommen. Vieles von dem Wissen, das wir uns bereits angeeignet hatten, wurde bestätigt und es waren auch einige neue Informationen dabei. Am Ende hatten wir das Gefühl, jetzt gut Bescheid zu wissen, wie wir mit HNPCC umgehen und welche Vorsorgeuntersuchungen wir von nun an regelmäßig machen müssen.

Und das sind leider eine ganze Menge. Für HNPCC-Patienten werden folgende Check-ups jährlich empfohlen:

Ab dem 25. Lebensjahr:
– Darmspiegelung (Dickdarm, aber auch Dünndarm so weit möglich)
– Ultraschalluntersuchung des Bauchraumes (Leber, Gallenblase, Gallenwege, Bauspeicheldrüse, ableitenden Harnwege, Blase, Niere)
– für Frauen: gynäkologische Untersuchung mit vaginalem Ultraschall (Gebärmutter und Eierstöcke)
– körperliche Untersuchung

Ab dem 35. Lebensjahr:
– Magenspiegelung
– für Frauen: Endometriumbiopsie (Entnahme von Gewebeproben aus der Gebärmutterschleimhaut)

Da besonders weisser Hautkrebs auch vermehrt bei Menschen mit HNPCC auftritt, empfiehlt sich ein jährliches Hautkrebs-Screening.

Als Krebsvorsorge für Gehirn bzw. Zentrales Nervensystem gibt es keine wirklich einfache Methode. Man könnte natürlich regelmäßig eine Computertomographie (CT) des Gehirns machen lassen. Aber ob die dabei notwendigen Röntgenstrahlen nicht vielleicht mehr Schaden als Nutzen anrichten ist unklar. Eine Kernspintomographie (MRT) wäre noch eine Option. Von den Ärzten wird keine direkte Vorsorge empfohlen. Ich bin persönlich noch zu keinem Entschluss gekommen, wie ich damit umgehen will. Ich könnte mir vorstellen, dass ich evtl. tatsächlich alle drei Jahre ein MRT zur Kontrolle machen lassen werde.

Puh, da kommt dann doch so einiges zusammen. Also habe ich mich an den Computer gesetzt und probiert die besten Ärzte für all diese Vorsorgemaßnahmen in meiner Nähe ausfindig zu machen und zeitnah Termine zu vereinbaren. Ich habe diverse Ärzte abtelefoniert, Termine vereinbart und wieder verschoben. Bis dann der ganze Terminplan stand, war das schon eine ganze Menge Arbeit. Und dabei hatte ich noch keine einzige Untersuchung gehabt.

So, aber nun einmal zu den Untersuchungen selbst. Um alle empfohlenen Untersuchungen durchführen zu lassen, muss man im Prinzip zu insgesamt vier verschiedenen Ärzten:

  1. Gastroenterologe: Magen- und Darmspiegelung, Ultraschalluntersuchung des Bauchraumes
  2. Gynäkologe: gynäkologische Untersuchung mit vaginalem Ultraschall
  3. Klinik für Gynäkologie: Endometriumbiopsie
  4. Hautarzt: Hautkrebs-Screening

Der Termin beim Gastroenterologen stand zuerst an. Die Aussicht einen Schlauch mit Kamera sowohl von oben als auch von unten in meinen Verdauungstrakt gesteckt zu bekommen war nicht gerade verlockend. Nur um das noch mal deutlich zu sagen: Wir reden hier davon, dass mir jemand eine Kamera zum Einen durch den Mund in meinen Magen, zum Anderen durch meinen Hintern in den Darm schieben wird. Durch meinen HINTERN!! Bäh!

Dementsprechend nervös war ich vor meinem ersten Termin, der der Vorbesprechung zur Magen- und Darmspiegelung dienen sollte. Doch schon nach wenigen Minuten war klar: die Ärztin, die ich mir ausgesucht hatte, ist der Hammer! Eine sehr nette, lustige, kompetente Frau, zu der ich instinktiv Vertrauen fasste und bei der das alles plötzlich gar nicht mehr so schlimm klang.

Zunächst einmal berichtete ich ihr von meiner familiären Vorgeschichte und der Diagnose Lynch-Syndrom. Das fand sie sehr spannend. Sie meinte, darüber werde zwar in Lehrbüchern und Fachzeitschriften geschrieben, sie würde das aber immer überblättern, weil ihr noch kein Fall untergekommen sei. Von nun an war ich also sozusagen ihr persönliches Forschungsobjekt für HNPCC. Das äußerte sich darin, dass sie sehr, sehr gründlich bei ihren Untersuchung vorging und sich mit mir freute, wenn die Befunde unauffällig waren.

Bei meinem ersten Ultraschall mit ihr gab es jedoch einen großen Schreck: Nachdem Leber, Galle, Niere etc. unauffällig waren, entdeckte die Ärztin weiter unten in meinem Bauch eine ca. 5cm große Struktur, die da nicht hingehörte. Sie war plötzlich ganz besorgt und wurde ganz ernst. Da die Struktur mit Flüssigkeit gefüllt zu sein schien, meinte sie, dass ich mir erst mal noch keine großen Sorgen machen müsse. Sie war sich aber nicht 100%ig sicher, was das sein könnte, da das im gynäkologischen Bereich liegt und sie keine Expertin auf dem Gebiet ist. Sie empfahl mir, schnellstmöglich ein MRT zu machen und mich von einem Gynäkologen untersuchen zu lassen.

War ich während sie mir das alles sagte noch recht gefasst, brach ich erst einmal in Tränen aus, als ich aus der Praxis ging. Ich habe sofort meinen Mann angerufen, der mich glücklicherweise etwas beruhigen konnte. Auf den MRT Termin musste ich leider 5 Tage warten. Zu meiner Gynäkologin konnte ich bereits am nächsten Tag. Da stellte sich das ganze dann als eine eingeblutete Eierstock Zyste heraus, die man beobachten sollte, die ansonsten aber wahrscheinlich relativ harmlos ist. Alter Schwede war ich erleichtert!

Durch dieses Erlebnis wurde ich mir bewusster darüber, was es heißt, mit Lynch-Syndrom und der allgegenwärtigen Möglichkeit von Krebs zu leben. Aber es hat mir auch gezeigt, dass nicht jede Auffälligkeit fatal sein muss. Es wird wahrscheinlich immer mal wieder kleine und große Schrecken geben. Aber man darf deshalb nicht in ständiger Angst und Sorge leben. Vielmehr sollte man bewusster leben und sich an den schönen Dingen des Lebens erfreuen.

Doch kommen wir zurück zu meiner Magen- und Darmspiegelung. In dem Vorgespräch mit der Ärztin hatte ich gleich zwei positive Neuigkeiten erfahren: 1. Die Magen- und Darmspiegelung kann mit einem Termin erledigt werden und ich muss dafür nicht zwei Termine zu unterschiedlichen Zeiten machen. 2. Die Untersuchungen werden mit Sedierung gemacht. Das heißt, ich werde schlafen und es gar nicht mitbekommen, wenn mir Schläuche in diverse Körperöffnungen geschoben werden. Halleluja!

Zur Darmspiegelung gehört einiges an Vorbereitung, da der Darm möglichst sauber sein muss, damit der Arzt eine gute Sicht hat. Drei Tage vor dem Termin musste ich bereits auf meine Ernährung achten. Kernhaltige Nahrungsmittel (z.B. Trauben, Kiwi, Vollkornprodukte), Nahrungsmittel mit Schalen (z.B. Äpfel, Tomaten, Hülsenfrüchte) und Fasern (z.B. Salat, Spargel, Südfrüchte) waren tabu. Am Tag vor der Untersuchung wurde es dann ernst. Einzige erlaubte Nahrungsaufnahme war ein leichtes Frühstück. Danach durfte ich dann nur noch klare Getränke wie Wasser, hellen Tee, klaren Apfelsaft und klare Brühe zu mir nehmen. Um 14 Uhr musste ich dann ein Abführmittel nehmen. Das ist oft der Teil der Darmspiegelung, den viele als den unangenehmsten beschreiben. Das liegt daran, dass viele der Abführmittel einen schrecklichen, leicht salzigen Geschmack haben. Allerdings gibt es mittlerweile auch wohlschmeckendere Präparate und meine Ärztin war so nett mir eines von diesen zu verschreiben (PICOPREP®, sehr zu empfehlen!). Allen Abführmitteln gemein ist, dass man nach der Einnahme sehr viel Flüssigkeit (mind. 3 Liter) zu sich nehmen muss. Und man sollte sich für diesen Tag nichts mehr vornehmen, da man die meiste Zeit auf der Toilette zubringt.

Am Untersuchungstag selbst darf man dann nichts essen und bis maximal zwei Stunden vor dem Termin noch ein Glas Wasser trinken. Und dann geht es los. Nur mit einem schicken, hinten offenen OP-Hemdchen bekleidet, durfte ich dann in den OP spazieren und mich auf den OP Tisch in eine Seitenlage legen. Die gut gelaunten Schwestern haben mir dann unter anderem einen venösen Zugang in meinem linken Arm gelegt und mir das Mundstück erklärt, dass ich zwischen die Zähne nehmen musste, um auch während der Sedierung den Mund geöffnet zu halten. Dann kam die Ärztin und spritzte mir das Narkosemittel Propofol und innerhalb weniger Sekunden war ich dann auch schon eingeschlafen.

Von der Untersuchung an sich gibt es nicht viel zu berichten, da ich wie versprochen schön geschlummert und nichts mitbekommen habe. Gedauert haben die Magen- und Darmspiegelung zusammen wohl etwa eine halbe Stunde. Das Endoskop, das dabei benutzt wird, ist ein ziemliches Multi-Talent. Es hat nicht nur eine Kamera, sondern kann auch gleichzeitig Gewebeproben entnehmen und Polypen entfernen. Gewebeproben werden an unterschiedlichen Stellen genommen und anschließend im Labor untersucht.

Kurze Zeit später kam ich im Aufwachraum dann langsam wieder zu mir. Die Ärztin kam noch kurz herein, um zu sagen, dass alles gut verlaufen sei. Und nach einer Stunde konnte mich mein Mann dann wieder mit nach Hause nehmen.

Alles in allem war es eine überraschend angenehme Erfahrung. Zu behaupten, dass ich mich schon auf die nächste Magen- und Darmspiegelung in einem Jahr freue, ist wohl etwas übertrieben, aber zumindest habe ich keine Angst mehr davor.

Eine Woche später erhielt ich dann einen Anruf von der Ärztin. Der Befund der Gewebeproben war eingetroffen. Glücklicherweise wurden keine bösartigen Auffälligkeiten gefunden. Allerdings ergaben die Gewebeproben aus meinem Magen, dass bei mir eine leichte Gastritis vorliegt, ausgelöst durch Helicobacter. Helicobacter ist ein Bakterium, dass in den Mägen von ziemlich vielen Menschen lebt. Es muss nicht unbedingt behandelt werden. Da es aber Magengeschwüre verursachen kann, die sich dann auch zu Krebs entwickeln können, riet mir die Ärztin in meinem Fall zu Antibiotika, um den Helicobacter zu vertreiben.

Ihr seht also, dass man sich mit diesen Krebsvorsorgeuntersuchungen ganz gut beschäftigen kann. Die Endometriumbiopsie habe ich noch vor mir. Davon berichte ich euch dann ein andermal.

To be continued…

1. HNPCC what? – Wenn Krebs plötzlich mehr als unwahrscheinlich ist

Manchmal habe ich das Gefühl, je älter man wird, desto häufiger hört man von schlimmen Krankheit oder sonstigen Schicksalsschlägen im Bekanntenkreis. In meinem 34 Jahre kurzen Leben hatte ich immer mal wieder von Verwandten und Bekannten gehört, die an irgendeiner Form von Krebs erkrankt waren. In meiner engeren Familie hatten mein Opa und meine Tante immer wieder mit Hautkrebs zu kämpfen. Außerdem war mein Opa in jungen Jahren an Darmkrebs erkrankt, der glücklicherweise aber geheilt werden konnte. Und bei meiner Mutter wurde vor einigen Jahren ein Stimmbandkarzinom entdeckt. Es konnte entfernt werden und in den regelmäßigen Kontrolluntersuchungen ist seit dem zum Glück keine Spur von Krebs mehr aufgetaucht.

Dann erkrankte eine Cousine zweiten Grades im Alter von 31 an Darmkrebs. Das machte die Ärzte stutzig, da das Durchschnittsalter bei der Erstdiagnose von Darmkrebs normalerweise bei 65 Jahren liegt. Nach diversen Tests stand fest: meine Cousine litt an HNPCC, auch Lynch-Syndrom genannt.

HNPCC (Abkürzung aus dem englischen „Hereditary Non-Polyposis Colorectal Cancer“) ist ein vererbbares Krankheitsblild, das durch ein deutlich erhöhtes Risiko für das Auftreten von Krebserkrankungen gekennzeichnet ist.
Typisch ist das Auftreten von Darmkrebs in jungen Jahren. Doch es kann auch in anderen Geweben zur Tumorentstehung kommen. In das Tumorspektrum des Lynch-Syndroms gehören insbesondere Krebserkrankungen der Gebärmutter, Eierstöcke, Magen, ableitende Harnwege, Leber, Galle, Haut und Gehirn. Uff!

Krebsarten

Die Erbkrankheit Lynch-Syndrom ist durch einen genetischen Defekt bedingt, den meine Cousine von einem Elternteil geerbt haben musste, das diesen wiederum auch von einem Elternteil geerbt hatte, usw. Also wurden zunächst Ihre Eltern auf den Gendefekt getestet. Dabei stellte sich heraus, dass ihre Mutter der Anlageträger ist und sie also diejenige war, die das Lynch-Syndrom weiter vererbt bekommen hatte. Da ihr bereits verstorbener Vater (also der Großvater meiner Cousine) auch an Darmkrebs erkrankt war, lag die Vermutung nahe, dass er auch Anlageträger war. Da er der Bruder meines ebenfalls bereits verstorbenen Opas war, der ja auch in jungen Jahren an Darmkrebs erkrankt war, war die Wahrscheinlichkeit plötzlich ziemlich hoch, dass das Lynch-Syndrom auch in unserem Zweig der Familie vertreten ist.

Also ließ sich meine Mutter testen und wurde ebenfalls mit Lynch-Syndrom diagnostiziert. Somit standen die Chancen also 50:50, dass ich ebenfalls das Lynch-Syndrom geerbt hatte.

Um das herauszufinden, musste ich einen Beratungstermin bei einem Arzt für Humangenetik machen. Dieser Termin dient dazu, sich eigene Vorstellungen über eine mögliche erbliche Veranlagung machen zu können. Der beratende Arzt informiert über den Nutzen, den eine genetische Testung hat, aber auch welche möglichen Nachteile diese mit sich bringen kann.
Die Entscheidung für oder gegen eine genetische Untersuchung liegt bei einem selbst. Damit soll das Recht jedes Menschen auf „informationelle Selbstbestimmung“ gewahrt und geschützt werden. Das bedeutet, dass Betroffene selbst entscheiden können, was ihnen wichtiger ist: Das Bedürfnis nach genetischer Risikoabklärung oder das Bedürfnis, nicht genau über das eigene Krankheitsrisiko Bescheid wissen zu wollen.

Wir hatten uns in der Familie schon sehr viel mit dem Thema auseinander gesetzt und ich war mir sicher, auf jeden Fall wissen zu wollen, ob der Gendefekt auch bei mir vorliegt. In meinem Beratungsgespräch mit der Humangenetikerin ließ ich mir deshalb auch Blut für die genetische Testung abnehmen.

Doch bevor ich das Ergebnisse erfahren konnte, musste ich einige versicherungsrechtliche Fragen klären. Das mag jetzt vielleicht komisch klingen, denn was hat das bitte mit meiner Gesundheit zu tun, die ja wohl wichtiger sein sollte als irgendein Papierkram? Allerdings ist es so, dass es mit der Diagnose Lynch-Syndrom schwierig werden kann z.B. eine Lebensversicherung abzuschließen. Da wir diese aber unbedingt brauchen, z.B. wenn wir später für einen Hauskauf einen Kredit aufnehmen müssen, wollte ich sicher gehen, auch alle administrativen Hürden aus dem Weg geräumt zu haben. Ein paar Wochen später habe ich dann endlich mein Ergebnis erfahren. Und wie ihr euch sicher schon denken könnt, wurde bei mir der Gendefekt auch festgestellt.

Für meine Familie und mich war die Diagnose erst einmal ein Schock.

Die meisten Krebsarten, für die ein erhöhtes Risiko besteht, bekommt man mit einer gezielten Früherkennung so weit in den Griff, dass sie gar nicht erst entstehen oder sich ausbreiten können. Somit muss ich von nun an also einmal jährlich diverse Untersuchungen machen lassen, inklusive Darmspiegelung, Magenspiegelung, Ultraschalluntersuchungen, Hautkrebsvorsorge und leider auch eine Gebärmutterspiegelung mit Biopsie der Gebärmutterschleimhaut (im nächsten Artikel mehr dazu). Frauen, die ihren Kinderwunsch bereits abgeschlossen haben, wird empfohlen sich Gebärmutter und Eierstöcke sogar entfernen zu lassen.

Vorsorge hin oder her, es ist trotzdem beängstigend zu wissen, dass diese Krebsarten ein erhöhtes Risiko haben, in meinem Körper aufzutreten. Doch genau diese Angst gilt es in den Griff zu bekommen.

Meiner Familie und mir ist das, nachdem wir den ersten Schock verarbeitet hatten, eigentlich ganz gut gelungen. Hier einige Tipps, die ich dazu habe:

  1. Wissen ist Macht – Informiert euch gut über die Krankheit. Verlasst euch nicht darauf, dass euch die Ärzte von sich aus alles erzählen. Macht eigene Recherchen und stellt Fragen, wenn ihr euch nicht sicher seid.
  2. Vorsorge, Vorsorge, Vorsorge – Macht alle empfohlenen Vorsorgetermine und geht regelmäßig jedes Jahr wieder hin. Damit könnt ihr sicherstellen, dass auch die kleinste Unauffälligkeit, die irgendwann einmal das Potential für Krebs haben könnte, entdeckt und entfernt oder behandelt werden kann. Darmkrebs gehört zu den „nettesten“ der ganzen Krebsarten. Ein Polyp im Dickdarm benötigt normalerweise 10 Jahren, um sich zu Krebs zu entwicklen. Mit Lynch-Syndrom ist diese Entwicklung stark beschleunigt und in etwa 3 mal so schnell. Das sind dann aber immer noch 3 Jahre, in denen das bei der jährlichen Vorsorge entdeckt und entfernt werden kann
  3. Lebt bewusst – Ernährt euch gesund, bewegt euch, vermeidet negativen Stress. Das gehört auch mit zur Krebsvorsorge.
  4. Macht euch nicht verrückt! – Bewahrt eine positive Einstellung! Krebs kann jederzeit bei jedem Menschen auftreten, auch ohne Gendefekt. Freut euch, dass ihr jetzt wisst, dass bei euch ein erhöhtes Risiko vorliegt und dass ihr dementsprechend Vorsorge betreiben könnt. Alles wird gut!