6. Die Auswahl der richtigen Kinderwunsch Klinik Part II – Oh wie schön ist Prag. Oder London. Oder Spanien. Oder doch Israel?

Nachdem wir also mit vielen nützlichen Infos zum Thema IVF und PID bewaffnet waren (siehe Blogpost „5. Die Auswahl der richtigen Kinderwunsch Klinik Part I – A Numbers Game und warum Deutschland kein gutes Land für eine IVF Behandlung ist), ging es nun an die konkrete Auswahl der Kliniken. Der Plan war zunächst online nach guten Kliniken zu suchen und basierend auf den Reviews eine Vorauswahl zu treffen. Mit den Kliniken auf dieser Liste würden wir dann jeweils Erstgespräche vereinbaren und uns darauf basierend dann für eine entscheiden.

Mein Mann und ich hatten das Glück, im Bekanntenkreis einen sehr erfahrenen Reproduktionsmediziner zu haben. Allerdings arbeitete er für eine große Klinik in den USA. Wir hatten ganz kurz in Betracht gezogen, die Behandlung bei ihm in den USA durchzuführen. Das haben wir dann aber doch schnell verworfen, da es aufgrund der Entfernung und der hohen Anzahl an notwendigen Behandlungen nicht wirklich praktikabel sein und unnötig viel Zeit und Geld kosten würde. Wir beschränkten uns auf Europa.

Also setzte ich mich an den Computer und fing an zu recherchieren und alles zu lesen, was mir zum Thema IVF in Europa in die Hände fiel. Einige Klinik Namen tauchten dabei immer wieder auf und ich fing an, mir eine Liste an IVF Kliniken zusammen zu stellen. Tschechien wäre durch die Nähe zu Deutschland natürlich am einfachsten. Spanien und England haben für IVF aber auch einen guten Ruf und jeweils zwei Kliniken schafften es davon auf meine Liste.

Ich fing auch an mit einigen engen Freunden darüber zu sprechen. Und siehe da: es beschäftigen sich anscheinend mehr Leute mit dem Thema als man denkt – wenn nicht selbst, dann haben viele zumindest jemanden im Bekanntenkreis, der in einer ähnlichen Situation ist. So habe ich dann auch über Freunde erfahren, dass Israel in Bezug auf IVF und besonders genetische Untersuchungen sehr fortschrittlich ist. Da mein Mann beruflich oft in Israel ist und ich Tel Aviv als Stadt sehr cool finde, beschlossen wir, uns auch dort zwei Kliniken anzuschauen.

Insgesamt haben es 10 Kliniken in unsere Vorauswahl geschafft. Ich habe alle angeschrieben und um ein Erstgespräch gebeten. Alle Kliniken waren es gewohnt, Patienten aus dem Ausland zu haben und haben statt eines Ersttermins vor Ort, auch einen Termin per Skype angeboten. Natürlich wollten wir uns die Kliniken auch anschauen, aber um einen ersten Eindruck zu gewinnen und um nicht zu viel für Reisekosten auszugeben, haben wir mit den meisten Kliniken erst einmal eine Videokonferenz vereinbart.

Bevor wir diese Termine aber wahrnehmen konnten, mussten wir für alle Kliniken seitenweise Formulare ausfüllen mit diversen Angaben zu unserer Gesundheit und Kinderwunsch-Situation. Außerdem haben alle Kliniken auch bereits Ergebnisse von diversen Blut- und Hormontests sowie ein Spermiogramm angefordert. Mit diesen Aktivitäten waren wir dann ganz gut beschäftigt und es hat etwas gedauert, bis wir alle Untersuchungen gemacht und die Ergebnisse davon erhalten haben. Wiedermal war ich sehr dankbar dafür, dass ich eine Job-Pause eingelegt hatte und mir die Zeit für all das in Ruhe nehmen konnte.

Der erste Termin war dann mit einer Klinik in Prag. Für diesen ersten Termin sind wir die paar Stunden nach Prag mit dem Auto gefahren. Die Klinik war mitten in der Stadt und wir waren zunächst vom Äußeren des sehr modernen Gebäudes beeindruckt. Direkt am Eingang befand sich die Anmeldung, bei der man auch sofort die Gebühr für die beiden Termine (IVF Arzt und Genetiker) zahlen musste: 178 Euro. Im Wartezimmer saßen noch einige andere Paare – alle viel älter als wir. Dann wurden wir auch schon von einer uns zugewiesenen Koordinatorin abgeholt. Diese Koordinatoren stehen besonders ausländischen Patienten mit sprachlicher Unterstützung zu Seite. Sie koordinieren aber auch generell alle Termine, Kosten- und andere Fragen. Wir hatten zuerst einen einstündigen Termin mit einem Genetiker wegen der Präimplantationsdiagnostik (PID) für Lynch-Syndrom. Von dem Genetiker hatten wir einen sehr guten Eindruck. Er schien sehr kompetent und konnte alle unsere Fragen gut beantworten. Das Vorgehen und die Erfolgsraten deckten sich auch in etwa mit den Kriterien, die wir uns vorher erarbeitet hatten (siehe Blogpost „5. Die Auswahl der richtigen Kinderwunsch Klinik Part I – A Numbers Game und warum Deutschland kein gutes Land für eine IVF Behandlung ist). Im Anschluss haben wir dann den Oberarzt getroffen, um den genauen Ablauf der In-vitro-Fertilisation (IVF) zu besprechen. Dieser Termin war dann weniger angenehm. Der Arzt war überhaupt nicht vorbereitet und schien sehr desinteressiert an unserem Fall. Nach ein paar unfreundlichen Fragen und der unsensiblen Aussage, dass es mit meinen Hormonwerten ja ziemlich bescheiden aussehen würde, hat er dann eine Ultraschalluntersuchung bei mir gemacht. Dabei konnte er dann nur wenige Follikel erkennen, was keine gute Voraussetzung für eine IVF Behandlung ist (siehe Blogpost „4. Die weibliche Fruchtbarkeit, das unbekannte Wesen“). Allerdings hat er uns das nicht gerade in einer mitfühlenden Art und Weise mitgeteilt, so dass mir schon die Tränen in den Augen standen. Am Ende hat er uns dann noch einen möglichen Behandlungsplan in die Hand gedrückt inkl. Rezepte für die benötigten Medikamente und uns aus dem Zimmer gescheucht. Nach diesem Termin war ich erst einmal ziemlich desillusioniert. Diese Klinik war bisher ganz oben auf meiner Liste, doch von diesem Arzt wollte ich mich nicht behandeln lassen. Dass meine Fruchtbarkeit nicht mehr so war wie sie sein sollte, war auch ein ziemlicher Schock. Ich habe also erst einmal ein bisschen geheult und meine Mama angerufen, um mich aufmuntern zu lassen.

Als ich mich wieder etwas beruhigt hatte, beschlossen wir, uns spontan auch noch eine andere Klinik in Prag anzuschauen, mit der wir in der kommenden Woche bereits einen Skype-Termin vereinbart hatten. Wir wollten uns einfach vor Ort einen ersten Eindruck verschaffen. Als wir nach ca. 20 Minuten Autofahrt vor einem alten, grauen, trostlosen Ostblock Gebäude standen, wären wir fast wieder umgedreht. Wir sind dann aber doch mutig durch die Eingangstür und innen war die Atmosphäre dann ganz anders. Wir wurden sehr freundlich empfangen und obwohl wir keinen Termin hatten, wurde uns alles gezeigt und wir konnten sogar kurz mit der Ärztin sprechen, die wir sehr sympathisch fanden. Während unseres (kostenlosen!) Skype-Gesprächs eine Woche später konnte die Ärztin dann auch sehr kompetent und im Detail unsere Fragen beantworten. Leider war die Klinik ziemlich klein und führte nur einige Hundert IVF-Zyklen pro Jahr durch. Deshalb haben wir uns gegen die Klinik entschieden und es ging weiter mit dem Klinik-Casting.

Nach diesen Terminen, sagte uns unser Bauchgefühl, dass Tschechien wahrscheinlich nicht das richtige Land für uns ist. Dort wird sicher gute Arbeit geleistet. Aber richtig wohl fühlten wir uns dort bei keiner Klinik mit der wir gesprochen haben.

Als nächstes stand ein Skype-Termine mit einer Klinik in London an. Die Klinik wurde uns von einem Arzt aus unserem Bekanntenkreis empfohlen, weshalb wir hohe Erwartungen an das Gespräch mit dem IVF Arzt hatten, für das wir vorab bereits 205 GBP zahlen mussten. Der Arzt war dann aber so was von chaotisch und anstrengend und hat alle unsere Fragen nur mit Gegenfragen beantwortet. Er hatte leider auch keine Ahnung von den Erfolgsraten und obwohl ich vorab einen elend langen Anamnese-Bogen ausgefüllt und all meine Testergebnisse eingereicht hatte, hat er nur eine ganz allgemeine Beratung gemacht und ist nicht auf unseren speziellen Fall eingegangen. Deshalb haben wir nach diesem Gespräch die Klinik sofort von unserer Liste gestrichen haben, obwohl sie mit bis zu 2500 Zyklen pro Jahr eine der größten in England ist.

Nach dieser Enttäuschung hatten wir in das Gespräch mit einer weiteren Klinik in London fünf Tage später keine große Hoffnung gesetzt. Für 100 GBP durften wir für eine Stunde mit einer Genetikerin sprechen. Von der Frau waren wir dann allerdings richtig begeistert! Sie war kompetent, strukturiert und nett und hat uns sehr genau den kompletten Prozess für die PID in unserem Fall erklärt. Von ihr haben wir auch erfahren, dass wir nicht nach jedem Hormonzyklus die befruchteten Eizellen (Blastozysten) testen lassen und somit jedes Mal für den teuren Gentest zahlen müssen. Stattdessen können sie biopsiert werden, um dann sowohl die Blastozysten als auch die Biopsie (also die 4-5 Zellen, die entnommen wurden) einzufrieren. Nachdem man dann in mehreren Hormonzyklen einige Blastozysten angesammelt hat, können die Biopsien dann in einem Durchgang alle auf einmal getestet werden. So könnten wir also eine ganze Menge Kosten sparen und müssten nicht nach jedem Zyklus die teuren Test machen lassen. Neben der Genetikerin, wollten wir natürlich auch noch mit der IVF Ärztin reden. Auf den Termin mit ihr mussten wir dann allerdings noch zwei Wochen warten.

In der Zwischenzeit, haben wir dann trotzdem noch die Termine mit den anderen Kliniken in Spanien und Israel wahrgenommen.

Die erste Klinik in Spanien ist mir beim Googlen von diversen IVF Themen immer wieder begegnet. Die Klinik führt nämlich einen Blog, auf dem man in vielen Artikeln, ausführlich und in verständlicher Art und Weise alles erklärt bekommt, was man zum Thema IVF wissen muss. Allein dadurch war mir die Klinik schon sehr sympathisch. Der einstündige Skype Termin mit der IVF Ärztin kostete 140 Euro. Die Koordination des Termins im Vorfeld so wie die Verspätung der Ärztin machten einen leicht chaotischen (oder vielleicht spanischen!?) Eindruck. Die Ärztin sprach leider nur gebrochenes Englisch, weshalb eine Assistentin dabei war, die half zu übersetzen. Die Ärztin wirkte recht kompetent, konnte jedoch die Genetik Fragen nicht gut beantworten. Deshalb mussten wir noch einen zweiten Termin mit einem Genetiker vereinbaren, auf den wir jedoch auch erst wieder zwei Woche warten mussten.

Doch zunächst flogen mein Mann und ich nach Tel Aviv. Freunde hatten uns kurzfristig zwei Termine bei zwei verschiedenen Ärzten organisiert. Da mein Mann dort sowieso beruflich zu tun hatte, war das glücklicherweise kein allzu großer Aufwand für uns. Und als kleinen Bonus verbrachten wir anschließend zum Entspannen noch ein paar Tage in der Sonne.

Zwei Dinge vielen uns sofort auf: 1. Die Erstgespräche waren mit 300-360 Euro für eine halbe Stunde mit Abstand die bisher teuersten. 2. Auch wenn die Ärzte gut Englisch sprachen, hieß das noch lange nicht, das auch sonst jeder in der Praxis oder der Klinik Englisch verstand. Alle Schilder und Hinweise waren nur auf hebräisch wodurch sich alles sehr fremd anfühlte und wir uns alleine nicht gut zurecht finden konnten. Ich konnte nicht mal alleine das Klo finden.🙈 Um das hier abzukürzen: Das war der Hauptgrund warum wir uns letztlich gegen Israel entschieden haben. Die Termine waren gut und die Ärzte beide sehr, sehr kompetent. Aber die Tatsache, dass wir uns dort so fremd fühlten und nicht mit jedem kommunizieren konnten, hat uns zu große Sorgen bereitet. Wie der Preis für die Erstgespräche bereits vermuten ließ, wären die Kosten dort auch deutlich höher ausgefallen.

Nachdem Israel also aus dem Rennen war, stand die eine Klinik in London für uns an erster Stelle. Der Skype Termin mit der IVF Ärztin dort war auch super. Die Preisliste ließ uns ziemlich schlucken. Aber alle anderen Kriterien waren erfüllt, so dass wir beschlossen, so bald wie möglich nach London zu fliegen, um uns die Klinik anzuschauen und auch direkt die notwendigen Untersuchung für den Behandlungsbeginn machen zu lassen. Den Termin dafür hatten wir bereits 10 Tage später bekommen.

Somit wäre unser Klinik-Casting eigentlich am Ende gewesen. Aber eine Klinik in Spanien stand noch auf unserer Liste, mit der wir erst recht spät einen Skype Termin vereinbart hatten. Fast hätten wir diesen abgesagt, doch weil wir in den 10 Tagen bis zum Termin in London sowieso nichts machen konnten außer warten, haben wir doch mit der Genetikerin und dem IVF Arzt dort gesprochen.

Und beide Gespräche haben uns dann vom Hocker gerissen. Sehr gut organisiert, strukturiert, gut vorbereitet und mit unserer speziellen Situation vertraut, sehr kompetent, freundlich und Klinikgröße und Erfolgsraten stimmten auch mit unseren Auswahlkriterien überein. Und die Kosten waren ca. 30% geringer als in London. Zu dem Arzt hatten wir sofort einen guten Draht – mein Mann meinte nach dem Gespräch, dass er sich vorstellen könnte, auch einfach mal ein Bier mit ihm trinken zu gehen 🙂 Er war in etwa in unserem Alter und auch international auf Kongressen zum Thema IVF engagiert. Auch geografisch konnte die Klinik punkten: Besonders im Winter war mir Barcelona lieber als London. Sonne, Strand und gutes Essen. Unter den Umständen konnte das ja alles nur gut laufen.

Zum Glück hatten wir unsere London Flüge noch nicht gebucht. Denn jetzt waren wir uns 100%ig sicher, dass wir „unsere“ IVF Klinik gefunden hatten. Barcelona wir kommen! ☀

 

2 Kommentare zu „6. Die Auswahl der richtigen Kinderwunsch Klinik Part II – Oh wie schön ist Prag. Oder London. Oder Spanien. Oder doch Israel?

Hinterlasse eine Antwort zu S. G. Antwort abbrechen