8. Los geht’s! – Also fast…

Endlich hatten wir unsere IVF Klinik in Barcelona gefunden (siehe Blogpost „6. Die Auswahl der richtigen Kinderwunsch Klinik Part II – Oh wie schön ist Prag. Oder London. Oder Spanien. Oder doch Israel?“).

Genau eine Woche nach dem ersten Skype Termin mit dem Arzt und der Genetikerin, saßen mein Mann und ich im Flieger, um uns die Klinik vor Ort anzuschauen und mit den Ärzten das weitere Vorgehen zu besprechen. Wir waren beide ziemlich aufgeregt und voll freudiger Erwartung. Endlich kamen wir unserem Wunschkind wieder einen Schritt näher.

Der Termin in der Klinik war um 17 Uhr. Da wir genügend Zeit haben wollten und es spät abends keinen Rückflug mehr gab, hatte mein Mann uns ein nettes Hotel ganz in der Nähe vom Plaça de Catalunya gebucht. Wir würden eine Nacht bleiben und abends noch schön essen gehen.

Als wir bei der Klinik ankamen, waren wir erst einmal total begeistert vom Gebäude selbst. In einem kleinen Park, hinter einer schönen, alten, renovierten Fassade befand sich ein ganz moderner Bau.

Die Klinik

Eine Dame vom internationalen Team nahm uns in Empfang und brachte uns zum Wartezimmer. Das internationale Team besteht aus mehreren Leuten, die diverse Sprachen sprechen und für die Patienten aus dem Ausland zuständig sind. Sie machen die Termine bei den Ärzten, schreiben Emails und helfen vor Ort mit der Orientierung.

Zuerst trafen wir den IVF Arzt, nennen wir ih Dr. D. Unser erster guter Eindruck aus der Videokonferenz bestätigte sich beim persönlichen Treffen. Nachdem er mich untersucht hatte, um sich per Ultraschall ein Bild von meinen Follikeln und Eierstöcken zu verschaffen, nahm er sich Zeit, um all unsere Fragen ruhig und kompetent zu beantworten. Da wir so schnell wie möglich loslegen wollten, besprachen wir konkret die nächsten Schritte. Leider hatte er an meinen Eierstöcken eine Zyste entdeckt. Bevor wir mit der ersten Hormonbehandlung loslegen konnten, musste diese verschwunden sein. Er wies mich an, an Tag 2 meiner nächsten Periode von meiner Gynäkologin in Deutschland einen Ultraschall machen zu lassen. Sollte die Zyste dann nicht mehr da sein, könnte ich ab Tag 3 mit den Medikamenten beginnen. Die Rezepte dafür gab er uns bereits mit.

Dann trafen wir die Genetikerin. Sie besprach mit uns den genauen Ablauf des genetischen Tests. Zur Vorbereitung benötigte das Labor auch das genetische Material meiner Eltern, damit sie die genaue Gen-Mutation des Lynch-Syndroms feststellen und den Test für unsere befruchteten Eizellen dementsprechend verfeinern konnten. Dafür gab sie uns Sets, mit denen wir einen Abstrich der Mundschleimhaut meiner Eltern entnehmen konnten, die wir dann einfach per Post an die Klinik schicken könnten. Sie erklärte uns auch noch einmal, dass es in Spanien auch eine Ethikkommission für genetische Tests gibt, die von Fall zu Fall ihre Genehmigung geben muss. Bisher wurde PID bei Lynch-Syndrom in allen Fällen genehmigt, weshalb es auch bei uns kein Problem werden sollte. Der einzige Haken war, dass diese Kommission nur unregelmäßig zusammen kam, um ihre Entscheidungen zu treffen. Manchmal tagte sie alle 3 Monate, manchmal legte sie aber wohl auch eine längere Pause ein. Das konnten wir leider nicht beeinflussen und wir konnte nur geduldig warten.

Nun war also alles besprochen. Um sicher zu gehen, dass wir auch die richtigen Medikamente bekommen würden, beschlossen wir, diese direkt in der Apotheke nebenan zu holen. Wir brauchten insgesamt drei verschiedene hormonhaltige Medikamente. Zwei davon würde ich mir täglich spritzen müssen, um die Follikelreifung zu stimulieren. Sobald die Follikel eine gewisse Größe erreicht hatten und um einen vorzeitigen Eisprung zu unterdrücken, würde ich mir dann auch das dritte Medikament täglich spritzen müssen, bis die Follikel reif genug wären für die Eizellentnahme.

Wir kamen mit einer riesengroßen Tüte voller Medikamenten aus der Apotheke. Preislich waren die Medikamente ca. 30% günstiger als in Deutschland. Das war natürlich auch ein zusätzliches Plus. Plötzlich fiel uns jedoch ein, dass wir damit ja auch am nächsten Tag durch die Security Kontrolle am Flughafen müssten. Wir waren uns gar nicht sicher, ob das mit so vielen Spritzen und Kanülen überhaupt erlaubt war. Doch am nächsten Tag gab es am Flughafen zum Glück keinerlei Probleme.

Zurück in Deutschland galt es dann weitere Vorbereitungen zu treffen. Meine Gynäkologin in Deutschland hatte ich bereits in unsere Pläne eingeweiht. Ich brauchte ihre Unterstützung, da während der Hormonbehandlung regelmäßig Ultraschallkontrollen und Bluttests durchgeführt werden mussten. Diese wollte ich zu Hause in Deutschland machen lassen und dann erst zur Entnahme der Eizellen nach Barcelona fliegen. So musste ich statt zwei Wochen oder mehr nur ein paar Tage vor Ort sein. Zum Glück war meine Ärztin in Deutschland sehr unterstützend und hat mir zugesagt, auch kurzfristig für alle nötigen Ultraschallkontrollen zur Verfügung zu stehen.

Nur die Bluttests stellten ein Problem dar. Der Arzt in Barcelona benötigte die Resultate der regelmäßigen Bluttests noch am selben Tag, um den Fortschritt der Behandlung zu überwachen und um eine Entscheidung für die weitere Medikamentendosis treffen zu können. Das Labor mit der meine Frauenarztpraxis zusammenarbeitete würde die Ergebnisse jedoch erst einen Tag später liefern können. Ich musste also eine andere Lösung finden. Eine Freundin brachte mich auf die Idee, mich direkt an ein Labor zu wenden. Bei vielen Laboren kann man sich nämlich vor Ort direkt Blut abnehmen lassen und dann noch am selben Tag die Resultate bekommen. Bereits das zweite Labor, mit dem ich telefonierte, bot diesen Service an. Die sehr nette Dame mit der ich sprach, meinte, das das alles kein Problem sei. Wenn ich bis ca. 12 Uhr zur Blutabnahme da wäre, könnten Sie mir noch am selben Tag die Resultate mitteilen.

Alle Vorbereitungen waren jetzt also getroffen. Jetzt hieß es nur noch hoffen, dass die Zyste verschwinden würde. Und ich hatte Glück: Als ich am 2. Tag meiner Periode bei meiner Gynäkologin war, konnte sie im Ultraschall keine Zyste mehr erkennen.

Es konnte jetzt also wirklich losgehen!

6. Die Auswahl der richtigen Kinderwunsch Klinik Part II – Oh wie schön ist Prag. Oder London. Oder Spanien. Oder doch Israel?

Nachdem wir also mit vielen nützlichen Infos zum Thema IVF und PID bewaffnet waren (siehe Blogpost „5. Die Auswahl der richtigen Kinderwunsch Klinik Part I – A Numbers Game und warum Deutschland kein gutes Land für eine IVF Behandlung ist), ging es nun an die konkrete Auswahl der Kliniken. Der Plan war zunächst online nach guten Kliniken zu suchen und basierend auf den Reviews eine Vorauswahl zu treffen. Mit den Kliniken auf dieser Liste würden wir dann jeweils Erstgespräche vereinbaren und uns darauf basierend dann für eine entscheiden.

Mein Mann und ich hatten das Glück, im Bekanntenkreis einen sehr erfahrenen Reproduktionsmediziner zu haben. Allerdings arbeitete er für eine große Klinik in den USA. Wir hatten ganz kurz in Betracht gezogen, die Behandlung bei ihm in den USA durchzuführen. Das haben wir dann aber doch schnell verworfen, da es aufgrund der Entfernung und der hohen Anzahl an notwendigen Behandlungen nicht wirklich praktikabel sein und unnötig viel Zeit und Geld kosten würde. Wir beschränkten uns auf Europa.

Also setzte ich mich an den Computer und fing an zu recherchieren und alles zu lesen, was mir zum Thema IVF in Europa in die Hände fiel. Einige Klinik Namen tauchten dabei immer wieder auf und ich fing an, mir eine Liste an IVF Kliniken zusammen zu stellen. Tschechien wäre durch die Nähe zu Deutschland natürlich am einfachsten. Spanien und England haben für IVF aber auch einen guten Ruf und jeweils zwei Kliniken schafften es davon auf meine Liste.

Ich fing auch an mit einigen engen Freunden darüber zu sprechen. Und siehe da: es beschäftigen sich anscheinend mehr Leute mit dem Thema als man denkt – wenn nicht selbst, dann haben viele zumindest jemanden im Bekanntenkreis, der in einer ähnlichen Situation ist. So habe ich dann auch über Freunde erfahren, dass Israel in Bezug auf IVF und besonders genetische Untersuchungen sehr fortschrittlich ist. Da mein Mann beruflich oft in Israel ist und ich Tel Aviv als Stadt sehr cool finde, beschlossen wir, uns auch dort zwei Kliniken anzuschauen.

Insgesamt haben es 10 Kliniken in unsere Vorauswahl geschafft. Ich habe alle angeschrieben und um ein Erstgespräch gebeten. Alle Kliniken waren es gewohnt, Patienten aus dem Ausland zu haben und haben statt eines Ersttermins vor Ort, auch einen Termin per Skype angeboten. Natürlich wollten wir uns die Kliniken auch anschauen, aber um einen ersten Eindruck zu gewinnen und um nicht zu viel für Reisekosten auszugeben, haben wir mit den meisten Kliniken erst einmal eine Videokonferenz vereinbart.

Bevor wir diese Termine aber wahrnehmen konnten, mussten wir für alle Kliniken seitenweise Formulare ausfüllen mit diversen Angaben zu unserer Gesundheit und Kinderwunsch-Situation. Außerdem haben alle Kliniken auch bereits Ergebnisse von diversen Blut- und Hormontests sowie ein Spermiogramm angefordert. Mit diesen Aktivitäten waren wir dann ganz gut beschäftigt und es hat etwas gedauert, bis wir alle Untersuchungen gemacht und die Ergebnisse davon erhalten haben. Wiedermal war ich sehr dankbar dafür, dass ich eine Job-Pause eingelegt hatte und mir die Zeit für all das in Ruhe nehmen konnte.

Der erste Termin war dann mit einer Klinik in Prag. Für diesen ersten Termin sind wir die paar Stunden nach Prag mit dem Auto gefahren. Die Klinik war mitten in der Stadt und wir waren zunächst vom Äußeren des sehr modernen Gebäudes beeindruckt. Direkt am Eingang befand sich die Anmeldung, bei der man auch sofort die Gebühr für die beiden Termine (IVF Arzt und Genetiker) zahlen musste: 178 Euro. Im Wartezimmer saßen noch einige andere Paare – alle viel älter als wir. Dann wurden wir auch schon von einer uns zugewiesenen Koordinatorin abgeholt. Diese Koordinatoren stehen besonders ausländischen Patienten mit sprachlicher Unterstützung zu Seite. Sie koordinieren aber auch generell alle Termine, Kosten- und andere Fragen. Wir hatten zuerst einen einstündigen Termin mit einem Genetiker wegen der Präimplantationsdiagnostik (PID) für Lynch-Syndrom. Von dem Genetiker hatten wir einen sehr guten Eindruck. Er schien sehr kompetent und konnte alle unsere Fragen gut beantworten. Das Vorgehen und die Erfolgsraten deckten sich auch in etwa mit den Kriterien, die wir uns vorher erarbeitet hatten (siehe Blogpost „5. Die Auswahl der richtigen Kinderwunsch Klinik Part I – A Numbers Game und warum Deutschland kein gutes Land für eine IVF Behandlung ist). Im Anschluss haben wir dann den Oberarzt getroffen, um den genauen Ablauf der In-vitro-Fertilisation (IVF) zu besprechen. Dieser Termin war dann weniger angenehm. Der Arzt war überhaupt nicht vorbereitet und schien sehr desinteressiert an unserem Fall. Nach ein paar unfreundlichen Fragen und der unsensiblen Aussage, dass es mit meinen Hormonwerten ja ziemlich bescheiden aussehen würde, hat er dann eine Ultraschalluntersuchung bei mir gemacht. Dabei konnte er dann nur wenige Follikel erkennen, was keine gute Voraussetzung für eine IVF Behandlung ist (siehe Blogpost „4. Die weibliche Fruchtbarkeit, das unbekannte Wesen“). Allerdings hat er uns das nicht gerade in einer mitfühlenden Art und Weise mitgeteilt, so dass mir schon die Tränen in den Augen standen. Am Ende hat er uns dann noch einen möglichen Behandlungsplan in die Hand gedrückt inkl. Rezepte für die benötigten Medikamente und uns aus dem Zimmer gescheucht. Nach diesem Termin war ich erst einmal ziemlich desillusioniert. Diese Klinik war bisher ganz oben auf meiner Liste, doch von diesem Arzt wollte ich mich nicht behandeln lassen. Dass meine Fruchtbarkeit nicht mehr so war wie sie sein sollte, war auch ein ziemlicher Schock. Ich habe also erst einmal ein bisschen geheult und meine Mama angerufen, um mich aufmuntern zu lassen.

Als ich mich wieder etwas beruhigt hatte, beschlossen wir, uns spontan auch noch eine andere Klinik in Prag anzuschauen, mit der wir in der kommenden Woche bereits einen Skype-Termin vereinbart hatten. Wir wollten uns einfach vor Ort einen ersten Eindruck verschaffen. Als wir nach ca. 20 Minuten Autofahrt vor einem alten, grauen, trostlosen Ostblock Gebäude standen, wären wir fast wieder umgedreht. Wir sind dann aber doch mutig durch die Eingangstür und innen war die Atmosphäre dann ganz anders. Wir wurden sehr freundlich empfangen und obwohl wir keinen Termin hatten, wurde uns alles gezeigt und wir konnten sogar kurz mit der Ärztin sprechen, die wir sehr sympathisch fanden. Während unseres (kostenlosen!) Skype-Gesprächs eine Woche später konnte die Ärztin dann auch sehr kompetent und im Detail unsere Fragen beantworten. Leider war die Klinik ziemlich klein und führte nur einige Hundert IVF-Zyklen pro Jahr durch. Deshalb haben wir uns gegen die Klinik entschieden und es ging weiter mit dem Klinik-Casting.

Nach diesen Terminen, sagte uns unser Bauchgefühl, dass Tschechien wahrscheinlich nicht das richtige Land für uns ist. Dort wird sicher gute Arbeit geleistet. Aber richtig wohl fühlten wir uns dort bei keiner Klinik mit der wir gesprochen haben.

Als nächstes stand ein Skype-Termine mit einer Klinik in London an. Die Klinik wurde uns von einem Arzt aus unserem Bekanntenkreis empfohlen, weshalb wir hohe Erwartungen an das Gespräch mit dem IVF Arzt hatten, für das wir vorab bereits 205 GBP zahlen mussten. Der Arzt war dann aber so was von chaotisch und anstrengend und hat alle unsere Fragen nur mit Gegenfragen beantwortet. Er hatte leider auch keine Ahnung von den Erfolgsraten und obwohl ich vorab einen elend langen Anamnese-Bogen ausgefüllt und all meine Testergebnisse eingereicht hatte, hat er nur eine ganz allgemeine Beratung gemacht und ist nicht auf unseren speziellen Fall eingegangen. Deshalb haben wir nach diesem Gespräch die Klinik sofort von unserer Liste gestrichen haben, obwohl sie mit bis zu 2500 Zyklen pro Jahr eine der größten in England ist.

Nach dieser Enttäuschung hatten wir in das Gespräch mit einer weiteren Klinik in London fünf Tage später keine große Hoffnung gesetzt. Für 100 GBP durften wir für eine Stunde mit einer Genetikerin sprechen. Von der Frau waren wir dann allerdings richtig begeistert! Sie war kompetent, strukturiert und nett und hat uns sehr genau den kompletten Prozess für die PID in unserem Fall erklärt. Von ihr haben wir auch erfahren, dass wir nicht nach jedem Hormonzyklus die befruchteten Eizellen (Blastozysten) testen lassen und somit jedes Mal für den teuren Gentest zahlen müssen. Stattdessen können sie biopsiert werden, um dann sowohl die Blastozysten als auch die Biopsie (also die 4-5 Zellen, die entnommen wurden) einzufrieren. Nachdem man dann in mehreren Hormonzyklen einige Blastozysten angesammelt hat, können die Biopsien dann in einem Durchgang alle auf einmal getestet werden. So könnten wir also eine ganze Menge Kosten sparen und müssten nicht nach jedem Zyklus die teuren Test machen lassen. Neben der Genetikerin, wollten wir natürlich auch noch mit der IVF Ärztin reden. Auf den Termin mit ihr mussten wir dann allerdings noch zwei Wochen warten.

In der Zwischenzeit, haben wir dann trotzdem noch die Termine mit den anderen Kliniken in Spanien und Israel wahrgenommen.

Die erste Klinik in Spanien ist mir beim Googlen von diversen IVF Themen immer wieder begegnet. Die Klinik führt nämlich einen Blog, auf dem man in vielen Artikeln, ausführlich und in verständlicher Art und Weise alles erklärt bekommt, was man zum Thema IVF wissen muss. Allein dadurch war mir die Klinik schon sehr sympathisch. Der einstündige Skype Termin mit der IVF Ärztin kostete 140 Euro. Die Koordination des Termins im Vorfeld so wie die Verspätung der Ärztin machten einen leicht chaotischen (oder vielleicht spanischen!?) Eindruck. Die Ärztin sprach leider nur gebrochenes Englisch, weshalb eine Assistentin dabei war, die half zu übersetzen. Die Ärztin wirkte recht kompetent, konnte jedoch die Genetik Fragen nicht gut beantworten. Deshalb mussten wir noch einen zweiten Termin mit einem Genetiker vereinbaren, auf den wir jedoch auch erst wieder zwei Woche warten mussten.

Doch zunächst flogen mein Mann und ich nach Tel Aviv. Freunde hatten uns kurzfristig zwei Termine bei zwei verschiedenen Ärzten organisiert. Da mein Mann dort sowieso beruflich zu tun hatte, war das glücklicherweise kein allzu großer Aufwand für uns. Und als kleinen Bonus verbrachten wir anschließend zum Entspannen noch ein paar Tage in der Sonne.

Zwei Dinge vielen uns sofort auf: 1. Die Erstgespräche waren mit 300-360 Euro für eine halbe Stunde mit Abstand die bisher teuersten. 2. Auch wenn die Ärzte gut Englisch sprachen, hieß das noch lange nicht, das auch sonst jeder in der Praxis oder der Klinik Englisch verstand. Alle Schilder und Hinweise waren nur auf hebräisch wodurch sich alles sehr fremd anfühlte und wir uns alleine nicht gut zurecht finden konnten. Ich konnte nicht mal alleine das Klo finden.🙈 Um das hier abzukürzen: Das war der Hauptgrund warum wir uns letztlich gegen Israel entschieden haben. Die Termine waren gut und die Ärzte beide sehr, sehr kompetent. Aber die Tatsache, dass wir uns dort so fremd fühlten und nicht mit jedem kommunizieren konnten, hat uns zu große Sorgen bereitet. Wie der Preis für die Erstgespräche bereits vermuten ließ, wären die Kosten dort auch deutlich höher ausgefallen.

Nachdem Israel also aus dem Rennen war, stand die eine Klinik in London für uns an erster Stelle. Der Skype Termin mit der IVF Ärztin dort war auch super. Die Preisliste ließ uns ziemlich schlucken. Aber alle anderen Kriterien waren erfüllt, so dass wir beschlossen, so bald wie möglich nach London zu fliegen, um uns die Klinik anzuschauen und auch direkt die notwendigen Untersuchung für den Behandlungsbeginn machen zu lassen. Den Termin dafür hatten wir bereits 10 Tage später bekommen.

Somit wäre unser Klinik-Casting eigentlich am Ende gewesen. Aber eine Klinik in Spanien stand noch auf unserer Liste, mit der wir erst recht spät einen Skype Termin vereinbart hatten. Fast hätten wir diesen abgesagt, doch weil wir in den 10 Tagen bis zum Termin in London sowieso nichts machen konnten außer warten, haben wir doch mit der Genetikerin und dem IVF Arzt dort gesprochen.

Und beide Gespräche haben uns dann vom Hocker gerissen. Sehr gut organisiert, strukturiert, gut vorbereitet und mit unserer speziellen Situation vertraut, sehr kompetent, freundlich und Klinikgröße und Erfolgsraten stimmten auch mit unseren Auswahlkriterien überein. Und die Kosten waren ca. 30% geringer als in London. Zu dem Arzt hatten wir sofort einen guten Draht – mein Mann meinte nach dem Gespräch, dass er sich vorstellen könnte, auch einfach mal ein Bier mit ihm trinken zu gehen 🙂 Er war in etwa in unserem Alter und auch international auf Kongressen zum Thema IVF engagiert. Auch geografisch konnte die Klinik punkten: Besonders im Winter war mir Barcelona lieber als London. Sonne, Strand und gutes Essen. Unter den Umständen konnte das ja alles nur gut laufen.

Zum Glück hatten wir unsere London Flüge noch nicht gebucht. Denn jetzt waren wir uns 100%ig sicher, dass wir „unsere“ IVF Klinik gefunden hatten. Barcelona wir kommen! ☀

 

5. Die Auswahl der richtigen Kinderwunsch Klinik Part I – A Numbers Game und warum Deutschland kein gutes Land für eine IVF Behandlung ist

Als wir uns für eine In-vitro-Fertilisation (IVF) mit Präimplantationsdiagnostik (PID) entschieden haben, um zu verhindern, dass unsere zukünftigen Kinder Lynch-Syndrom von mir erben würden, wurden wir nicht nur mit einer, sondern gleich mit zwei Komplikationen konfrontiert: 1. Die Tests für die Lynch-Syndrom Genmutation an der befruchteten Eizelle werden in Deutschland von der Ethikkommission nicht genehmigt. Somit mussten wir uns eine Klinik im Ausland suchen. (Siehe Blogpost „3. IVF – WTF?“) 2. Während der Untersuchungen für den ersten Beratungstermin mit einer Klinik in Prag stellte sich heraus, dass meine Fruchtbarkeit nicht der einer 34-jährigen Frau entspricht, sondern stark in Richtung beginnende Menopause deutet. (Siehe Blogpost „4. Die weibliche Fruchtbarkeit, das unbekannte Wesen“)

Meine Eizellreserve ging also so langsam zur Neige und jede einzelne Eizelle kam mir plötzlich unendlich kostbar vor – noch kostbarer und wundersamer als vor dieser Diagnose. Deshalb wollten mein Mann und ich die IVF Behandlung nicht in irgendeiner Klinik durchführen lassen, sondern wir wollten die beste Klinik für IVF und PID finden. Also bereiteten wir uns auf ein ausführliches Klinik-Casting vor. Wer uns kennt, weiß dass wir beide sehr analytisch sind und dass wir aus dieser Herausforderung ein fast wissenschaftliches Projekt machen würden.

Glücklicherweise, hatte ich mir eine Auszeit von meinem Job genommen und arbeitete zur Zeit nicht. Ich wollte mir die Zeit nehmen, um in Ruhe mit der Diagnose Lynch-Syndrom klar zu kommen und alle empfohlenen Vorsorge Untersuchungen durchzuführen. Damals wusste ich noch nicht, dass das Babyprojekt so aufwändig werden würde. Und tatsächlich war für mehrere Wochen die Beschäftigung mit meiner Gesundheit und dem Thema IVF und PID ein Fulltime-Job.

Mein Mann und ich hatten das Glück, im Bekanntenkreis einen sehr erfahrenen Reproduktionsmediziner zu haben. Er arbeitete für eine große Klinik in den USA, die erwartungsgemäß sehr fortschrittlich beim Thema Gentests sind. Bevor wir uns auf die Suche nach den Kliniken machten, führten wir ein langes Gespräch mit ihm, um im Detail zu verstehen, wie IVF und PID ablaufen und worauf man achten sollte, wenn man mit Ärzten und Kliniken spricht.

Zunächst sprachen wir über Zahlen, was meinem Mann und mir half zu verstehen, wie der Prozess genau abläuft und worauf es ankommt.

20 Im besten Fall entwickeln sich während der Hormonbehandlung 20 Follikel mit Eizellen.
12 Nach der Eizellentnahme, werden davon ca. 60% erfolgreich befruchtet.
6 Davon entwickeln sich dann etwa 50% weiter bis zum sogenannten Blastozysten Stadium (ca. Tag 5 nach Befruchtung).
3 Die Blastozysten werden dann in meinem Fall per PID auf Lynch-Syndrom getestet. Statistisch gesehen werden 50% diese Genmutation haben.
1-2 Bei einer 34-jährigen Frau haben normalerweise ca. ein Drittel der Embryonen Probleme mit den Chromosomen (Aneuploidien, Trisomien etc.). Mit dem Alter steigt die Anzahl auf über 50%. Das kann mittels Präimplantationsscreening (oder preimplantation genetic screening auf Englisch, abgekürzt PGS) ausgeschlossen werden.

Bei 20 Eizellen, landet man statistisch gesehen dann also bei einem oder zwei gesunden Embryos, die dann in die Gebärmutter eingesetzt werden können. Doch da endet das Zahlenspiel noch nicht. Denn nicht immer nistet sich ein solcher 5 Tage junger Embryo auch in der Gebärmutter ein und entwickelt sich zu einem gesunden Baby. Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt in etwa bei 60%. Wenn man also der Statistik vertraut und auf Nummer sicher gehen will, hat man besser zwei solcher Embryos in petto, um am Ende ein gesundes Baby zu bekommen. Somit müsste ich also durch Hormonbehandlungen besser mehr als 20 Eizellen ansammeln. Und das würde bei meiner Diagnose wohl etwas dauern (siehe Blogpost „4. Die weibliche Fruchtbarkeit, das unbekannte Wesen“).

Eigentlich hatten mein Mann und ich auch immer mehr als ein Kind gewollt. Die klare Empfehlung von allen Ärzten mit denen wir gesprochen hatten war, dass wir dafür jetzt bereits die Eizellen sammeln und einfrieren sollten. Jedes weitere Jahr würde zum einen meine Eizellreserve verringern und zum anderen die Qualität der verbleibenden Eizellen verschlechtern. Eine Schwangerschaft rückte damit also erst einmal in weite Ferne. Zunächst würde ich einige Hormonbehandlungen über mich ergehen lassen müssen (so viele, wie mein Körper und unser Geldbeutel zulassen würden), um genügend Eizellen zu produzieren. Mein neuer Beruf: Legehenne.

So, aber zurück zu den Auswahlkriterien für die richtige Klinik:

  1. Wie ihr euch vorstellen könnt, sind IVF, PID und PGS nicht gerade trivial. Man möchte also sicher stellen, dass eine Klinik damit viel Erfahrung hat. Ein erstes gutes Beurteilungskriterium ist somit die Anzahl der IVF Zyklen, die in der Klinik pro Jahr durchgeführt werden. Laut unserem Bekannten sollten wir darauf achten, dass eine Klinik mindestens 1000 oder mehr Zyklen pro Jahr durchführt. Wenn eine Klinik zum Beispiel nur 100 oder 300 Zyklen macht, sollten wir diese nicht weiter in Betracht ziehen.
  2. Was am Ende zählt ist das Resultat, also ein gesundes Baby in den Händen zu halten. Der beste Maßstab eine Klinik an diesem Resultat zu messen ist deren Live Birth Rate (Lebendgeburtenrate) pro Embryotransfer, also die Wahrscheinlichkeit, dass ein gesundes Baby geboren wird, wenn ein nach PID und PGS normal getesteter Embryo in die Gebärmutter eingesetzt wird. Viele Kliniken legen nur ihre Schwangerschaftsraten offen. Doch wie wir alle wissen, kann während einer Schwangerschaft leider einiges schief gehen. Ziel ist es aber, ein Baby zur Welt bringen und deshalb sollten die Kliniken danach beurteilt werden. Es ist wichtig, nach der individuellen Live Birth Rate der Klinik zu fragen und sich nicht mit der Zahl einer allgemeinen Studie abspeisen zu lassen. Die Live Birth Rate kann eine Indikation für die Qualität der PID und PGS sein, sowie darauf hindeuten, wie gut die Klinik ihre Patienten zum Thema Schwangerschaft und Fehlgeburten berät. Alle Kliniken arbeiten mit diesen Zahlen. Wenn der Arzt, mit dem ihr redet, die Zahlen nicht kennt, wirkt das zum einen nicht gerade professionell. Zum anderen solltet ihr weiter nachhaken und den Arzt bitten, die Zahl nachzureichen. Im Idealfall liegt die Live Birth Rate bei mindestens 60%.
  3. Last but not least, nach all den Zahlen nun ein etwas softeres Kriterium: Vertrauen zum behandelnden Arzt. Im Endeffekt müsst ihr ein gutes Gefühl haben und dem behandelnden Arzt vertrauen können. Denn was nützen all die Statistiken, wenn ihr euch nicht wohl fühlt. Ein Baby per IVF zu bekommen ist schon abstrakt und unromantisch genug. Da will man sich wenigstens bei dem Arzt gut aufgehoben fühlen.

So, das sind meiner Meinung nach die drei wichtigsten Kriterien bei der Wahl einer Klinik. Nach dem ausführlichen Coaching, das wir von unserem Bekannten erhalten haben, haben wir zusätzlich noch ein paar anderen Themen in den Gesprächen mit den Kliniken angesprochen:

  • Wieviele Zellen werden aus der befruchteten Eizelle entnommen und an welchem Tag? – Um PID und PGS durchzuführen, muss eine Biopsie entnommen werden, die dann im Labor untersucht wird. Diese Biopsie besteht am besten aus 4-5 Zellen. Bei einer kleineren Anzahl von Zellen ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass die Biopsie nicht repräsentativ für den ganzen Embryo ist und die Ergebnisse somit verfälscht sein könnten. Wenn man sich nun verdeutlicht, dass Embryonen am Tag 3 nach Befruchtung aus ca. 8 Zellen, am Tag 5 bereits aus ca. 100 Zellen bestehen (sog. Blastozysten-Stadium), macht es also einen großen Unterschied, wann man die Biopsie entnimmt. Selbst die Entnahme einer einzigen Zelle, würde an Tag 3 mehr als 12% des gesamten Embryos entsprechen. Die Entnahme von 4-5 Zellen bei einer Blastozyste würde hingegen viel weniger ins Gewicht fallen. Übrigens ist die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft pro eingesetztem Embryo bei Tag 5 Embryos deutlich höher als bei Tag 3 Embryos. Man muss aber dazu sagen, dass es nicht alle Embryos schaffen von Tag 3 bis Tag 5 zu überleben. Das ist zumeist ganz natürlich und liegt an krankhaften Defekten etc. Es kann aber zu einem gewissen Grad auch auf die Laborbedingungen zurückgeführt werden. Es muss also im Einzelfall abgewogen werden, welche Variante am sinnvollsten ist.
  • Welche Freezing Methode wird verwendet? – Nachdem die Biopsie entnommen wurde, wird der Embryo eingefroren, damit er nicht weiter wächst. Bei minus 196 °C kann der Embryo dann für unbestimmte Zeit aufbewahrt werden. Es gibt zwei Methoden, Eizellen oder Embryonen einzufrieren: das langsame Abkühlen (Slow Freezing) und die neuere Methode der Vitrifikation, bei der die Eizellen schockgefrostet werden (Flash Freezing). Vorteil der Vitrifikation ist, dass ca. 90-100% der Embryonen das Auftauen überleben, während beim Slow Freezing die Überlebensrate nur etwa 50-60% beträgt. Falls also eine Klinik noch mit der veralteten Slow Freezing Technik arbeiten sollte, sollte man diese eher meiden.
  • Welchen Stimulationsplan schlagen Sie in unserem Fall vor (Dosis, Kontrollen, Zeit zwischen zwei Hormonzyklen)? – Von unserem Bekannten aus den USA haben wir erfahren, dass die tägliche Hormondosis zwischen Ländern und Kliniken stark variieren kann. In den USA folgt man eher dem Motto „viel hilft viel“ und verabreicht eine maximale tägliche Dosis von bis zu 600IE des follikelstimulierenden Hormons (FSH). In Europa geht man damit etwas vorsichtiger um, auch um eine potentielle Hyperstimulation zu vermeiden. Die maximale Dosis der meisten Ärzte liegt bei 375-400IE. Die individuelle Dosis hängt von den eigenen Hormonwerten und der geschätzten Eizellreserve ab. Wenn man so wie ich eine niedrige Eizellreserve hat, wird tendenziell eine höhere Hormondosis benötigt, um möglichst viele Eizellen zum Heranreifen zu animieren. In meinem Fall hat es mich also etwas stutzig gemacht, wenn der Arzt eine Dosis von unter 200IE vorgeschlagen hat. Während der Stimulationsphase sollte die Follikelreifung eng überwacht werden, um den Fortschritt zu überprüfen und auch um ggf. die tägliche Hormondosis anzupassen. Idealerweise wird ab Tag 5 alle zwei Tage eine Ultraschallkontrolle und eine Überprüfung des Estradiol Levels vorgenommen. Wenn Ärzte z.B. eine Überwachung erst ab Tag 10 vorschlagen oder wenn nur Ultraschall und nicht die Blutwerte betrachtet werden (oder umgekehrt), vermittelt das mir das Gefühl, dass hier keine individuelle und engmaschige Betreuung vorgenommen wird. Da ich ja bereits wusste, dass ich mehrere Hormonbehandlungen machen müssen würde, hat mich der empfohlene Abstand zwischen zwei Hormonzyklen sehr interessiert. Die beste Antwort für mich hierbei war, dass man zu Beginn des nächsten Zyklus per Ultraschall und Blutwerte bestimmen würde, ob eine erneute Hormonbehandlung angeraten ist oder nicht. Das machte für mich viel mehr Sinn, als wenn Ärzte pauschal sagten, dass zwei Monate zwischen zwei Hormonzyklen pausiert werden sollte.

Diese Fragen gehen schon sehr ins Detail und führen dazu, dass man mit den Ärzten Gespräche auf relativ hohem Niveau führt. Den Ärzten, mit denen wir gesprochen haben, war relativ schnell klar, dass wir uns bereits intensiv mit dem Thema beschäftigt hatten und dass wir uns nicht mit den allgemeinen Standardantworten zufrieden geben würden. In einem Gespräch mit einem Arzt wurden wir sogar gefragt „Seid ihr Biologen?“ – Sind wir nicht. Wir sind BWLer. Aber wir haben das als Kompliment genommen und uns darin bestätigt gefühlt, dass wir bei unserem Auswahlverfahren gründlich vorgehen. Das war dann auch ungefähr der Zeitpunkt, an dem ich beschlossen habe einen Blog zu schreiben, um das Wissen, das wir uns angeeignet haben, an andere weiterzugeben.

Übrigens, ich will mir nicht anmaßen, eine absolute Expertin auf diesem Gebiet zu sein. Ich bin keine Medizinerin, Biologin oder ähnliches. Ich gebe nur die Informationen nach bestem Wissen und Gewissen weiter, die ich mir während meiner eigenen Recherche angeeignet habe. Auch solltet ihr wissen, dass die Möglichkeiten in Deutschland teilweise etwas anders sind und der Umgang mit befruchteten Eizellen durch das Embryonenschutzgesetz viel restriktiver ist.

Dass PID im Fall von Lynch-Syndrom nicht erlaubt ist, hatte ich ja schon erwähnt. Aber selbst wenn die Ethikkommission die PID in meinem Fall erlauben würde, würde ich die dann wirklich bei einer Klinik in Deutschland durchführen wollen, die damit kaum Erfahrung hat und wahrscheinlich weniger als eine pro Woche davon macht? Wahrscheinlich nicht!

Präimplantationsscreening (PGS) ist in Deutschland übrigens auch nicht erlaubt. Ein kleiner Zellhaufen darf also nicht untersucht werden. Stattdessen lässt man die Frau lieber ein erhöhtes Risiko für eine Fehlgeburt tragen. Und falls nach einigen Monaten erfolgreicher Schwangerschaft, eine Fehlbildung festgestellt wird, darf man ein Baby ganz legal abtreiben. Als ob das nicht viel schlimmere psychische und physische Konsequenzen für alle Beteiligten hat… Verrückte Welt!

In Deutschland ist das Einfrieren von Embryonen verboten und nur in Ausnahmefällen erlaubt. Befruchtete Eizellen dürfen nur eingefrorenen werden, so lange sie sich noch im Vorkernstadium befinden, das Spermium also schon in die Eizelle eingedrungen ist, die Zellkerne aber noch nicht verschmolzen sind (bis ca. 22 Stunden nach Eindringen der Samenzelle in die Eizelle). Laut Embryonenschutzgesetz soll es auch eigentlich gar nicht so weit kommen, dass Embryonen eingefroren werden. Denn §1 Absatz 1 Nr. 5 besagt, dass nur so viele Eizellen befruchtet werden dürfen, wie innerhalb eines Zyklus übertragen werden sollen. Da per Gesetz nur maximal 3 Embryonen auf einmal übertragen werden dürfen, dürfte man streng genommen also eigentlich nur 3 Eizellen überhaupt befruchten. Die Wahrscheinlichkeit, dass dabei ein transferierbarer Embryo entsteht ist dementsprechend gering. Die Anwendung dieser Vorschrift wird nun von den Kinderwunschzentren unterschiedlich ausgelegt. Zum Beispiel wird argumentiert, dass man ja mittlerweile weiß, dass sich ca. 50% der befruchteten Eizellen gar nicht erst weiterentwickeln und dass man deshalb auch bis zu 6 Eizellen auf einmal befruchten kann. Das sollte man vorher mit dem behandelnden Arzt genau besprechen. Denn eine Hormonbehandlung kostet viel Zeit, Nerven und Geld. Es wäre schon sehr schade, wenn dann auch noch die Anzahl der kostbaren Eizellen, die befruchtet und konserviert werden können, künstlich durch eine Vorschrift limitiert werden würde.

Auch toll: Samenspenden sind in Deutschland erlaubt. Eizellspenden nicht. Warum? Weil man nicht will, dass ein Baby sozusagen zwei Mütter hat? Aber zwei Väter oder Adoptivmütter sind etwas anderes oder wie?

Ach ja, auf die Kosten einer IVF werde ich später noch eingehen. Aber damit ihr schon mal Bescheid wisst: Wenn ihr gesetzlich versichert seid, bekommt ihr nur unter bestimmten Voraussetzungen finanzielle Unterstützung von der Krankenkasse. Ein Kriterium ist dabei, dass ihr ein verheiratetes Paar sein müsst. Welcome to the 21st Century…

Falls ihr noch mehr dazu lesen wollt, bei EDITION F gibt es einen, wie ich finde, sehr gelungen Artikel zum Thema unerfüllter Kinderwunsch in Deutschland.

Jeder muss für sich selbst entscheiden was ethisch und moralisch und auch finanziell die beste Option ist. Ich bin persönlich zum dem Schluss gekommen, dass bei Kinderwunschbehandlungen in Deutschland nicht alle Möglichkeiten ausgenutzt werden, um die Wahrscheinlichkeit zu maximieren ein Kind zu bekommen. Wenn ihr mich fragt, spricht vieles dafür lieber ins Ausland zu gehen, wenn man die Möglichkeit hat.

3. IVF – WTF?

Noch vor einem halben Jahr war künstliche Befruchtung oder In-vitro-Fertilisation (IVF) ein Thema, von dem wir nie geglaubt hätten, dass wir uns damit auseinandersetzen müssten. Wir waren frisch verheiratet, ich 33 und mein Mann 34 Jahre jung und wir hatten gerade beschlossen, dass wir nun endlich loslegen wollen mit dem Kinderkriegen.

Doch dann wurde in meiner Familie und schließlich auch bei mir ein Gendefekt festgestellt: HNPCC, auch Lynch-Syndrom genannt (siehe Blogpost „1. HNPCC what? – Wenn Krebs plötzlich mehr als unwahrscheinlich ist“).

Wie in diesem Blogpost beschrieben, besteht bei mir ein stark erhöhtes Risiko für Darmkrebs und andere Krebsarten. Ich selbst muss mich mit dieser Situation abfinden, die jährliche Flut von Vorsorgeuntersuchungen über mich ergehen lassen und hoffen, dass kein Krebs bei mir auftreten wird.

Aber was ist mit unseren ungezeugten Kindern? Die Wahrscheinlichkeit, dass ich das Lynch-Syndrom an sie weitervererben würde, liegt bei 50%. Gibt es nicht eine Möglichkeit, wie wir vermeiden können, dass sie diesen Gendefekt bekommen?

Eine Bekannte meinte dazu, sie würde dann einfach gar keine Kinder kriegen. Das war für uns allerdings keine befriedigende Option.

In einem Gespräch mit einem Arzt für Humangenetik stellte sich heraus, dass es tatsächlich eine Möglichkeit gibt: In-Vitro Fertilisation (IVF). Ich hatte natürlich überhaupt keine Ahnung, was genau damit gemeint war. Aber im ersten Moment habe ich mich einfach nur gefreut, dass es eine Option gibt. Moderner Wissenschaft sei Dank!

Damit boten sich uns also kurz zusammengefasst folgende drei Möglichkeiten das Thema Kinderkriegen anzugehen:

  1. Auf natürlichem Wege schwanger werden. Wahrscheinlichkeit der Weitervererbung liegt bei 50%. Unsere Kinder können sich dann ab dem 18. Lebensjahr auf das Vorliegen des Gendefekts testen lassen.
  2. Künstliche Befruchtung (IVF), wobei mir Eizellen entnommen, im Labor befruchtet und untersucht werden und mir dann nur die wieder eingesetzt werden, die den Gendefekt nicht aufweisen.
  3. Überhaupt keine eigenen Kinder bekommen.

Alleine über diese Thematik könnte man eine lange, ethische Abhandlung verfassen und unendliche Diskussionen führen. Ich glaube, dass das wirklich eine ganz persönliche Entscheidung sein sollte, bei der es kein richtig oder falsch gibt. Jeder, der in so einer Situation ist, kann das für sich selbst entscheiden und sollte deshalb auch nicht verurteilt werden.

Mein Mann und ich haben viel darüber nachgedacht, recherchiert, mit Familie und Freunden und auch mit Ärzten gesprochen. Und relativ schnell war uns dann klar, dass wir den Weg der künstlichen Befruchtung nehmen würden.

Uns war auch klar, dass das nicht gerade der einfachste Weg war. Little did we know…

Wir haben also erst einmal einen Termin in einem Kinderwunschzentrum gemacht, um uns über das genaue Vorgehen zu informieren.
Leider hatte der Arzt dort keine wirkliche Ahnung von genetischen Untersuchungen, konnte uns aber zumindest den generellen Ablauf einer IVF gut erklären. Vereinfacht dargestellt ist der Prozess wie folgt:

  1. Stimulation der Eierstöcke mit einer Hormonbehandlung für ca. 8-12 Tage. Ziel ist es statt nur einer Eizelle, wie im normalen Zyklus, mehrere Eizellen heranreifen zu lassen.
  2. Entnahme der Eizellen
  3. Zusammenführung von Eizellen und Sperma in einzelnen Petrischalen
  4. Entwicklung der befruchteten Eizellen hin zu einem Embryo über einen Zeitraum von bis zu 5 Tagen
  5. Transfer von einem oder mehreren Embryos zurück in die Gebärmutter
  6. Schwangerschaftstest nach ca. 10 Tagen – Wenn der positiv ist, heißt es hoffen, wie bei jeder anderen Schwangerschaft auch. Wenn er negativ ist, geht der Prozess wieder von vorne los, wenn man es denn noch mal probieren möchte.

Worauf der Arzt uns keine Antwort geben konnte, war die Frage, ob die genetischen Tests für Lynch-Syndrom an der unbefruchteten oder befruchteten Eizelle durchgeführt werden müssen. Ein kleiner, jedoch entscheidender Unterschied, wie wir durch eigene Recherchen gelernt hatten. Ersteres kann in Deutschland relativ problemlos durchgeführt werden. Zweiteres ist nur in ganz, ganz wenigen Ausnahmefällen zugelassen, da eine befruchtete Eizelle, auch wenn diese aus nicht einmal 100 winzigen Zellen besteht, unter das Embryonenschutzgesetz fällt.

Man nennt diese genetische Untersuchung von befruchteten Eizellen im Rahmen einer IVF Präimplantationsdiagnostik (PID) oder auf Englisch Preimplantation genetic diagnosis (PGD). PID darf in Deutschland nur in speziell dafür zugelassenen Zentren durchgeführt werden.
Außerdem darf die PID laut Embryonenschutzgesetz nur zur Feststellung einer schwerwiegenden Schädigung des Embryos gemacht werden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Tot- oder Fehlgeburt führen wird. Die Einhaltung dieser Voraussetzung wird von einer Ethikkommission geprüft und muss durch diese genehmigt werden.

Um endlich Klarheit für unseren Fall zu bekommen, haben wir uns direkt an ein Kinderwunschzentrum gewendet, dem die Genehmigung zur PID vorliegt.

Dieser Termin war dann ziemlich desillusionierend. Uns wurde gesagt, das die Lynch-Syndrom Genmutation nur an der befruchteten Eizelle getestet werden kann und somit unter die oben genannten Restriktionen des Embryonenschutzgesetzes fällt. Da bei Lynch-Syndrom keine erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine Tot- oder Fehlgeburt besteht, würde die Ethikkommission die PID in unserem Fall also nicht genehmigen.

Wir konnten es erst einmal nicht fassen. Da gäbe es rein technisch die Möglichkeit, unseren Kindern das Lynch-Syndrom zu ersparen. Doch eine Ethikkommission zusammengesetzt aus Menschen, die uns überhaupt nicht kennen, kann entscheiden, dass uns diese Möglichkeit nicht zugänglich ist.

Dem Arzt war anzumerken, dass er das ebenfalls nicht unbedingt für richtig hielt. Er erklärte uns, dass die Gesetzeslage dazu in Deutschland veraltet und viel, viel strenger als in anderen europäischen Ländern sei. Auch wenn er offiziell keine Empfehlung abgeben darf, erwähnte er, dass sich viele Menschen in ähnlichen Situation an IVF Ärzte im Ausland wenden würden. Besonders die Kliniken in Tschechien seien zu empfehlen, auf Grund der Erfahrung dort, aber auch wegen der Nähe zu Deutschland und der etwas günstigeren Kosten.

Und plötzlich hatte unser Babyprojekt eine ganz andere Dimension.